Daniel Abt Vermögen Daniel Abt steht vor seinem Karrierestart. Ein ähnliches Gerangel ist im Motorsport noch unbekannt: Weil Werksfahrer Daniel Abt sich am Samstag beim eSport-Formel-E-Grand-Prix in Berlin auf Wunsch eines eSport-Profis erwischte, reagierte Audi mit härteste Maßnahmen und schubste den Allgäuer Rennfahrer aus der Tür. Weil die Formel E im realen Rennwagens derzeit wegen der Coronakrise nicht konkurrenzfähig ist, entstand in der weltweit ersten vollelektrischen Rennserie eine virtuelle Meisterschaft, um die Lücke zumindest teilweise zu füllen.
„Race at Home Challenge“ bezeichnet die Übergangslösung, die auf Konsolen gespielt und von den Fahrern auf ihren eigenen Heimsimulatoren absolviert wird. Daniel Abt, der sich in den ersten vier Rennen eher durch Fehler als durch Glanztaten in die Ränge aufgestiegen war (höchstes Ergebnis: 13.), konnte seinen Platz im Cockpit am Samstag jedoch nicht einnehmen. Stattdessen rammt sich der Österreicher Lorenz Hörzing mit der Startnummer 66 ins Lenkrad. Und dann hat er es einfach zu gut gemacht.
Der Schwindel stürzte schnell herab.
Auch während des gesamten Rennens staunten die Teilnehmer über die plötzliche Stärke ihrer zuvor schwachen Konkurrenten und die Tatsache, dass Abts Kamera nicht eingeschaltet war. Da jedoch Abgeordneter Hörzing das Computerpublikum auf den dritten Platz gelenkt hatte, wäre es für Daniel Abt zwingend gewesen, an der Online-Pressekonferenz teilzunehmen. Probleme mit der Internetverbindung mussten als ungeplanter Ausfall behandelt werden, aber der Haken trat schnell auf. In der Folge kommt es zum Abstieg auf den sechsten Platz, gefolgt von Disqualifikation, einer Geldstrafe von 10.000 Euro und dem Ausschluss aus der Serie.
Der schurkische Audi-Fass wurde durch schiere Inkompetenz zum Erliegen gebracht.
Auch am Wochenende gab es eine kleine Entschuldigung („Ich hatte nicht annähernd so viel darüber nachgedacht, wie ich hätte denken sollen. Das macht mich sehr traurig“), aber Audi konnte, wollte und konnte nicht. In einer Zeit, in der die Marke durch den Dieselskandal, Nachsteuererträge durch Corona und die darauffolgenden Entlassungs- und Kurzarbeitsmaßnahmen und schließlich durch den kürzlich angekündigten DTM-Ausstieg Ende 2020 imageträchtige Negativpunkte anhäufte, hat Abts Dummheits randvollen Fass wurde überrannt.
Audi teilte die folgenden drei Tage nach dem Unfall mit: „Daniel Abt ist beim fünften Race at Home Challenge-Event am 23. Mai nicht mit seinem Auto im Qualifying oder Rennen gefahren, sondern hat die Aufgabe an einen professionellen Sim-Racer delegiert. Er hat sich sofort entschuldigt.“ und akzeptierte die Disqualifikation am Folgetag. Integrität, Transparenz und die strikte Einhaltung etablierter Regeln haben für Audi höchste Priorität und dies gilt für alle Aktivitäten, an denen das Unternehmen beteiligt ist. Audi Sport hat beschlossen, Daniel Abt mit sofortiger Wirkung als ein Ergebnis davon.”
Abt hat alle bisherigen Formel-E-Rennen absolviert.
Audi hält an – das liegt nicht an der Unbesonnenheit eines Fahrers. Daniel Abt schließlich ist der Sohn von Rennstall-Chef Hans-Jürgen Abt (57), der sein Team 2014 im ersten Rennen der neu gestarteten Rennserie zum Sieg führte. Sohn Daniel fuhr damals bereits und stieg zum Werksfahrer auf 2018, als Audi das Engagement von Abt in ein Werkprogramm umwandelte. Nur Daniel Abt, sein Team- und Brandkollege Lucas di Grassi, der Belgier Jerome d’Ambrosio und der Brite Sam Bird haben bisher alle 63 Rennen gewonnen.
Lange musste Abts ersten Sieg in der Serie hinter sich lassen. Im Dezember 2017 feierte er seinen 25. Geburtstag und es schien, als sei der lang ersehnte Tag gekommen. Abt lief im zweiten Rennen in Hongkong ein perfektes Rennen und feierte seinen Sieg gebührend. Er starb jedoch nur wenige Stunden später auf dem grünen Tisch, als bei einer Nachkontrolle festgestellt wurde, dass Audi ein Teil in das Fahrzeug eingebaut hatte, dessen Strichcode-Sticker nicht mit dem eingegebenen Muster übereinstimmte.
Nach erfolgreicher Aufholjagd nach dem ersten Sieg beim Mexiko-E-Prix 2018 erlebte Abt beim E-Prix von Berlin im Mai 2018 den größten Tag seiner Rennfahrer-Karriere: Als erster Fahrer in der Geschichte der Formel E schaffte er das seltene Kunststück, neben dem Sieg Punkte für die Pole Position und die schnellste Rennrunde zu sammeln. Dass seine vermutlich karriereende Karriere auf der virtuellen Landebahn des Berliner Flughafens Tempelhof endete, entbehrt unter diesen Umständen keine Tragödie.