Jutta Lampe Todesursache In Jutta Lampes langer und wechselvoller Karriere gibt es einen noch festgehaltenen Augenzeugen-Moment, der keine große Theatergeschichte erzählt. Aber es war ein magischer Moment.Es passiert gegen Ende des vierten Aktes von Kleists letztem Schauspiel „Prinzen von Homburg“, wie es Peter Stein am Halleschen Ufer in Berlin-Kreuzberg inszenierte.
Es ist eine Nachtszene, und nachdem der Homburgprinz als Feldherr und Träumer wegen Verstoßes gegen einen kurfürstlichen Befehl zum Tode verurteilt wurde, scheint seine Launenhaftigkeit knapp vor dem Hindernis zu zielen. Tatsächlich überbringt Prinzessin Nathalie ihrem geliebten Freund in der Todeszelle die Botschaft ihres Onkels, des Großen Kaisers.
Homburg ist daher begnadigt, wenn er glaubt, ungerecht beurteilt zu werden. Das erschüttert den Stolz und das Gewissen der jungen Prinzen, die immer noch um ihr eigenes Leben kämpfen. Und nun will er dem Urteil seine Stimme hinzufügen.Nathalie, gespielt von Jutta Lampe, ist zunächst verwirrt. Dann greift sie zu und küsst Bruno Ganz, den Mann, der aus seinem Schlaf erwacht ist, um das Spiel des Todes zu spielen. Dazu spricht sie mit gedämpfter Stimme drei Worte: “Du betrügst mich.”
Das war ein wiederkehrendes Thema in allen „Homburg“-Produktionen, die ich gesehen habe. Nur bei Jutta Lampe waren es diese drei Worte: a jähe Offenbarung. Die 28-jährige Lampe leuchtete wie eine zweite Sonne in der verdunkelten Nachtszene, mit ihrem stummen Klagen und dann dem Betonieren mit einem kleinen Stottern auf der zweiten Silbe des zweiten Wortes “Du betrügst mich!”
Das war ein Melodik, ein kalter, gefühlloser, aber sanft eindringlicher Melos, so wie Oskar Werner unter den männlichen Spielern war. Wenn Sie Live-Nachrichten aus Berlin, Deutschland und dem Rest der Welt auf Ihr Handy haben möchten, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.
Oder im Film eine ganz andere Schauspielerin. Schneider, Romy In einem TV-Talk-Auftritt sagte Schneider unvermittelt zu Ex-Mann und Autor Burkhard Driest: „Du sprichst mich an.“ Nie zuvor ist ein Engel durch ein ansonsten unauffälliges Fernsehstudio gegangen.
Jutta Lampe, die am Vorabend ihres 83. Geburtstages mitten in der Nacht in einem Berliner Krankenhaus starb, hatte etwas mit Romy Schneider gemeinsam. Jene Anmut, Grazie, und ein leicht melancholischer Glanz, ein Schmelz im Blick, in der Stimme, in ihrem Lachen, das fast immer nur ein Lächeln war. Aber wie heißt es so schön: nur! Jutta Lampe war die Diva, aber sie war keine Diva wegen ihrer aufrichtigen Freundlichkeit und Integrität als Ensemblespielerin.
Jutta Lampe war „nie Publikumsschwarm oder Star – nicht einmal eine Tatort-Kommissarin“, als sie im Mai vor zehn Jahren den Joana-Maria-Gorvin-Preis an der Berliner Akademie der Künste erhielt (in Erinnerung an eine große Persönlichkeit des Theaters der. Letzteres war richtig. Auch für Galas und viele Medienauftritte war Jutta Lampe zu schüchtern, obwohl sie in einigen Filmrollen glänzte.
Etwa als Hauptdarstellerin und Filmpartnerin von Barbara Sukowa in Margarethe von Trottas „Bleierner Zeit“, für die sie ausgezeichnet wurde der Goldene Löwe und die Auszeichnung für die besten Schauspielerinnen (Lampe und Sukowa) bei den Filmfestspielen von Venedig.Trotzdem war sie in jeder anderen Hinsicht ein Star.
Edith Clever war von Königin des Berliner Theaters und in dieser Zeit mit Peter Stein verheiratet. Eine Diva, eine Göttin, als Athene in Steins legendärer „Orestie“-Inszenierung, oder zumindest Jupiters Geliebte als Alkmene in Kleists „Amphitryon“, inszeniert von Klaus Michael Grüber. Robert Wilson verwandelte sie in die unverwechselbare Virginia-Woolf-Ikone Orlando neben Klassikern von Euripides, Shakespeare, Goethe, Schiller und Ibsen spielte sie zentrale Rollen in Botho Strauß’ altehrwürdigen Werken.
Von „Kalldewey, Farce“ bis „Park“, der Odyssee „Heimkehr“ oder in Strauß‘ ostwestdeutschem „Gleichgewicht“ bei den Salzburger Festspielen.Sie wurde in Flensburg geboren. Und er begann in Mannheim und Bremen mit einer Vorliebe für temperamentvolle Frauen, ob alte Griechen oder Kleists, Strauß-Figuren oder Goethe oder Tschechow, die er alle virtuos spielte. Ihr Geheimnis war die Klarheit, mit der sie Paul Valéries ein Wort sagte.
Botho Strauß sagte in seiner Lampe-Laudatio„In Mythen-Begriffen würde man sagen: eine Schaum- und Kopfgeburt, gleichermaßen aus Vernunft und Sinnlichkeit entsprungen.Als sich die neue Schaubühnen-Leitung unter Thomas Ostermeier weigerte, die Schauspieler aus der Peter-Stein-Zeit aufzunehmen, entstanden in Wien neue Farben. Luc Bondy erhob sie am Burg Akademietheater in die Rolle der Arkadina in Tschechows „Möwe“.
Lampes russische Primadonna, die schließlich familiären Leichen erliegt, war ein exquisites Biest in der turbulenten Inszenierung mit Gert Voss beim Berliner Theatertreffen. Kontinuierlich und notfalls mit Worten wie Degenhiebe. Metallisch und tödlich flexibel. Auf derselben Bühne spielte sie die Winnie in Becketts „Glückliche Tage“in einer Adaption ihrer großartigen Kollegin Edith Clever voller Ironie, Sarkasmus und Witz.
Sterbenskomisch. Und mit Clever und Bondy ist sie zurück in ihrer Heimatstadt, auf der Bühne des Berliner Ensembles, wo sich die beiden in Botho Strauß’ zweitem Akt „Die eine und die andere“ einen letzten Gesprächskampf liefern.